Haftung der Webagentur für Urheberrechtsverletzung – ein Leitfaden für Webdesigner

André Stämmler

Bestandteil eines Webdesign-Vertrages ist häufig auch das Einbinden von Texten und Fotos auf der Webseite. Dabei kümmert sich der Designer oder die Agentur häufig auch um die Beschaffung der Fotos, sei es über Stockfoto-Anbieter oder mit Fotos aus dem eigenen Portfolio. Das ist an sich unproblematisch. Aber was ist, wenn es durch den Text oder das Bild zu einer Urheberrechtsverletzung kommt. Haftet dann der Webdesigner oder die Agentur für die Urheberrechtsverletzung? Mit dieser Frage beschäftigte sich das Landgericht Bochum in einem Urteil aus August 2016 (LG Bochum, Urteil vom 16.08.16 – AZ: 9 S 17/16). Und das Landgericht sagt ja, der Webdesigner haftet für einen entstandenen Schaden.

Der Fall

Im Vertrag zwischen Designer und Kunden war auch das Einbinden von Fotos vorgesehen. Dort hieß es:

…Einrichtung der Domain-Adresse #“ sowie die „Nutzungsgebühr der von mir gelieferten Fotoabbildungen…”

Durch eines der eingebundenen Fotos kam es offenbar zu einer Urheberrechtsverletzung. Im konkreten Fall ging es um eine fehlende Benennung des Urhebers. Dafür wurde der Kunde offenbar abgemahnt und wollte den Schaden von seinem Designer ersetzt verlangen. In der Sache ging es zwar „nur“ um knapp 650 EUR. Dennoch, das Problem stellt sich grundsätzlich und die Forderungen können im Urheberrecht auch sehr schnell sehr viel höher sein. Im Fall verurteilte das Amtsgericht den Designer zur Zahlung. Das Landgericht bestätigte dieses Urteil.

Das Landgericht legte den Passus im Vertrag so aus, dass der Designer verpflichtet war, nur Fotos zu nutzen, für die entsprechende Lizenzen bestehen.

Letzteres ist so auszulegen, dass die Beklagte die Nutzungsgebühr der von ihr auf der Homepage eingestellten Fotos gezahlt hat bzw. solche Fotos verwendet hat, für die keine Nutzungsgebühr anfällt. Indem sie jedoch das streitgegenständliche Foto auf die Homepage gestellt hat, hat sie gegen diese Pflicht bei Erstellung der Homepage verstoßen.

Dass das Foto dabei aus dem Fundus des Designers stammte änderte an der Haftung ebenfalls nichts:

Sie hätte ihre Fotos aus dem „Fundus“ vor Verwendung darauf überprüfen müssen, ob die Nutzung gebührenpflichtig ist oder die Fotos nur unter Nennung der entsprechenden Quelle oder des entsprechenden Urhebers hätten im Internet verwendet werden dürfen.

Das Gericht geht sogar noch einen Schritt weiter und legt weitere Informationspflichten auf:

Darüber hinaus ergibt sich aus Sicht der Kammer aus dem Vertrag zwischen den Parteien eine Nebenpflicht der Beklagten, die Klägerin auch darüber aufzuklären, ob die Nutzung der auf die Homepage eingestellten Bilder entgeltfrei ist oder nicht. Diese Pflicht dürfte nicht nur der Pflicht zur ordnungsgemäßen Rechnungslegung entspringen, sondern auch der allgemeinen Informationspflicht.

Urteil des Landgericht Bochum vom 16.08.2016 – AZ: 9 S 17/16

Fallstricke: Urheberrecht bei Bildern und Texten im Webdesign

Der Grund für die Urheberrechtsverletzung ist egal. Die Grundsätze können übertragen werden. Dabei kann man schnell auch bei besten Absichten eine Lizenz falsch auslegen und hierdurch eine Urheberrechtsverletzung begehen. Im Klartext: Kommt es durch die Arbeit der Agentur zu einer Urheberrechtsverletzung haftet diese u.U. auf Schadensersatz. Die nachfolgenden Konstellationen sind nach meiner Erfahrung die häufigsten Sorgenkinder:

  • nicht kommerzielle Lizenz / kommerzielle NutzungEine kommerzielle oder gewerbliche Nutzung kann man dabei schon annehmen, wenn es sich um eine Unternehmenswebseite handelt.
  • fehlende Namensnennung des UrhebersViele Lizenzen sehen eine Nennung des Urhebers vor. Der Urheber muss in diesem Fall entsprechend der Lizenz benannt werden. Wenn in der Lizenz die „Darstellung“ der Benennung nicht vorgeschrieben ist, genügt in der Regel eine Nennung im Impressum der Webseite.
  • es liegt gar keine Lizenz vorDas kann etwa der Fall sein, wenn das Bild einfach von einer Seite kopiert wurde. Ein Problem was auch heute noch vorkommt.
  • unzulässige BearbeitungDie Bearbeitung muss als gesondertes Nutzungsrecht eingeräumt werden. Liegt kein Recht zur Bearbeitung vor, ist jegliche Bearbeitung untersagt. Darunter fallen auch das Beschneiden des Bildes, die Umwandlung in Schwarz/Weiß oder sonstige Kolorierungen.
  • zweckgebundene LizenzLeicht übersehen kann man, dass zum Beispiel eine Lizenz für die Nutzung eines Fotos für einen Werbeflyer nicht auch die Nutzung im Internet umfasst.

Unabhängig vom eigentlichen „Lizenzverstoß“ sollte man auch die folgenden Situationen im Auge behalten:

Stockfoto-Anbieter

Wer häufig umfangreich Fotos in hoher Qualität und für verschiedene Situationen benötigt, kommt um Stockfoto-Anbieter nicht herum. Egal ob man beim jeweiligen Anbieter kostenfreie Bilder, Bilder gegen eine geringe Lizenzgebühr oder „sündhaft“ teures Bildmaterial erwerben will, die Lizenzbedingungen sind meist umfangreich und nicht immer leicht zu verstehen. Verstöße gegen die Lizenzbedingungen können schnell eine Abmahnung nach sich ziehen.

CC-Lizenzen

CC oder Creative-Commons-Lizenzen sind ein Vertrags-Konstrukt zur einfachen Lizenzierung von urheberrechtlich geschützten Werken. Die Lizenzen sind meist auch für den Nicht-Juristen leicht zu verstehen und erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Doch auch hier sollte man aufpassen. Auch wenn die Bilder unter einer CC-Lizenz – meist kostenfrei – zur Verfügung gestellt werden, heißt das nicht, dass man damit alles machen darf. Verstößt man gegen die Lizenz, liegt eine Urheberrechtsverletzung vor. Wurden die Bilder kostenfrei unter der CC-Lizenz zur Verfügung gestellt, kann zwar der Schadensersatz entfallen (OLG Köln 29. Juni 2016  – AZ: 6 W 72/16). Ein Unterlassungsanspruch und Abmahnkosten können dennoch entstehen.

Eine Übersicht über Creative Commons Lizenzen findet man auf der Webseite creativecommons.org

Keine bekannte Lizenz / unbekannte Herkunft des Fotos

Wer sich nicht mehr sicher ist, woher das Bild kommt oder welche Lizenz vorliegt, sollte lieber die Finger davon lassen. Hier gilt die alte Weisheit, Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Der Nutzer eines urheberrechtlich geschützten Werkes ist verpflichtet, entsprechende Nachforschungen anzustellen. Kann man nicht nachvollziehen, wie man das Werk nutzen darf, kann man sich dann nicht auf Unwissenheit berufen.

CC0 / Public Domain / gemeinfreie Werke

Steht ein Werk (Bild, Text, ….)  unter einer CC0 Lizenz oder zählt es zur Public Domain oder den gemeinfreien Werken, darf das Werk ohne Einschränkung von Jedermann für jeden Zweck genutzt werden.

Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Quellen, aus denen solche Werke bezogen werden können. Für Bilder bietet sich zum Beispiel die Library of Congress, unsplash.com oder pixabay.de an.

Probleme kann es bei solchen Werken geben, wenn die Bilder unter Umständen illegal auf den einzelnen Plattformen eingestellt wurden. Für Pixabay und unsplash sind derzeit keine Abmahnungen bekannt.
Für Bilder der Library of Congress spielt sich derzeit ein spannender Fall in den USA ab. Dort wurde die Fotografin für die Verwendung ihrer eigenen Bilder abgemahnt. Diese hatte die Fotografin auf die Public Domain der LoC übertragen und auch auf ihrer eigenen Webseite genutzt. Getty Images verwertete die Bilder aus der LoC kommerziell (was zulässig ist) und machte gegenüber der Fotografin eine Urheberrechtsverletzung geltend.
Ein anderes Beispiel macht gerade in Deutschland auf sich aufmerksam. Dort wurden digitale Aufnahmen eines Gemäldes durch einen Museumsfotografen angefertigt. Diese Aufnahmen wurden auf der Plattform Wikimedia unter einer CC0-Lizenz durch einen Dritten eingestellt. Das Gemälde war durch Zeitablauf gemeinfrei. Das Museum in dem das Gemälde hing machte aber Leistungsschutzrechte an den digitalen Aufnahmen geltend. Und es bekam Recht. Für die Nutzer wird man sich aber streiten können, ob hier noch ein fahrlässiges Verhalten vorliegt. Ich meine nein.

Bei der Nutzung von gemeinfreien Werken ist also immer ein gewisses Maß an Vorsicht geboten. Ein Restrisiko kann man nie ganz ausschließen.

Jetzt wurde hier viel über mögliche Haftungsrisiken geschrieben. Diese sollten auch nicht unterschätzt werden. Dennoch! Hält man sich an die Regeln, ist die Gefahr einer Abmahnung und Schadensersatz gering.

Wie kann man die Haftung begrenzen/minimieren/ausschließen

Bleibt die Frage, wie man sich als Webdesigner vor einem Schadensersatzanspruch schützen kann.

Eine Möglichkeit besteht in einer vertraglichen Vereinbarung zur Haftungsbegrenzung. Derartige Klauseln sind aber sehr eng auszulegen und halten oft einer rechtlichen Prüfung durch ein Gericht nicht stand. So kann zum Beispiel die Haftung vor grober Fahrlässigkeit (also wenn der Verstoß fast offensichtlich sein musste) kaum ausgeschlossen werden. Begrenzt man die Haftung zum Beispiel für einfache Fahrlässigkeit, kann man sich im Nachgang streiten, was einfache Fahrlässigkeit im konkreten Fall bedeutet.

Sicherer ist es, die Verantwortung für das urheberrechtlich geschützte Material auf den Kunden auszulagern. Im Rahmen des Vertrages wird dabei vereinbart, dass Bilder und Texte durch den Kunden gestellt werden und dieser die alleinige Verantwortung für die Urheberrechte trägt. Das heißt, der Designer bindet die Texte und Bilder zwar ein, besorgen muss diese aber der Kunde. Das kann im Einzelfall zu praktischen Problemen führen. Insbesondere wenn eine Vielzahl von Texten und Bildern eingebunden werden muss.

Will man, aus welchen Gründen auch immer, die Beschaffung von Texten und Bildern nicht dem Kunden überlassen, sollte wenigstens der genaue Umfang der Leistung geklärt werden. Das kann zum Beispiel so aussehen, dass man vereinbart, aus welcher Quelle Texte und Bilder stammen und hier gewöhnlich die Lizenzierung erfolgt. Eine Klausel könnte so aussehen:

„Wir nutzen ausschließlich Bildmaterial von … Das dort eingestellte Material wird unter der public domain, also gemeinfrei zur Verfügung gestellt. Wir können jedoch nicht ausschließen, dass das dort eingestellte Bildmaterial bereits illegal eingestellt wurde. Wir können insofern für das Bildmaterial keine Verantwortung übernehmen.”

Fazit:

Verursacht ein Webdesigner eine Urheberrechtsverletzung beim Kunden, haftet er dem Kunden unter Umständen auf Schadensersatz. Wer urheberrechtlich geschütztes Material nutzt, sollte die Verwendungsmöglichkeiten genau abklären und sich an Lizenzvereinbarungen halten. Will man auf Nummer sicher gehen, sollte man die vertragliche Leistung genau definieren oder die Beschaffung der Texte und Bilder ganz dem Kunden überlassen.

Wir stehen Ihnen gerne zu allen rechtlichen Fragen des Urheberrechts und IT-Rechts zur Verfügung.

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Eine Idee zu “Haftung der Webagentur für Urheberrechtsverletzung – ein Leitfaden für Webdesigner

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