Anti-Abmahn-Disclaimer: Nutzlos und Gefährlich

Ich bin kein großer Freund von Disclaimern auf Webseiten. Meistens sind diese Konstrukte ohne Mehrwert für den Webseitenbetreiber und bringen rein gar nichts. Manchmal sind Disclaimer aber auch gefährlich und können sogar Schaden anrichten, wie ein aktuelles Urteil des Oberlandesgericht Düsseldorf zeigt. Es ist mir ein Rätsel, warum diese Dinger immer noch auf so vielen Webseiten zu finden sind. Aber zurück zum Fall.

Was war passiert?

Ein Webseitenbetreiber nutzte auf der eigenen Seite einen Disclaimer der vor Abmahnungen und insbesondere die daraus entstehenden Kosten schützen sollte:

“Rechtliche Hinweise für Anwälte:
Zur Vermeidung unnötiger Rechtsstreitigkeiten und überflüssigen Kosten bitten wir darum, uns im Vorfeld bei etwaigen Beanstandungen zu kontaktieren. Wettbewerbsrechtliche Zuwiderhandlungen oder andere rechtliche Beanstandungen werden von uns sofort behoben, sodaß die Einschaltung per Anwalt nicht erforderlich sein wird. Sollte es doch dazu kommen ist der Gegenpartei ein 100% rechtlich abgesicherter Auftritt anzuraten. Wie sagt unser Anwalt so schön: „Wo gehobelt wird, fallen auch Späne. Keine Partei ist frei von Fehlern!”

Das kann man erstmal schreiben, auch wenn es rechtlich ohne Belang und Folgen ist. Sofern eine Abmahnung dem Grunde nach berechtigt ist, sind auch die Kosten hierfür zu erstatten. Der Disclaimer hilft also nichts. Punkt aus! Aber nicht nur das. Der Disclaimer schadet auch noch, wie das Urteil zeigt. Der Nutzer des Disclaimers hatte nämlich selber über seinen Anwalt eine Abmahnung verschicken lassen und wollte die hierfür entstandenen Kosten ersetzt verlangen. Das ging nach hinten los. Das OLG Düsseldorf sah das Verhalten als grob widersprüchlich an und wies eine entsprechende Klage ab.

Die Klägerin kann von dem Beklagten für die beiden Abmahnungen nicht die Zahlung der hierfür angefallenen Anwaltskosten 1n Höhe von 695,20€ aus§ 12 Abs. 1 S. 2 UWG verlangen, weil sie sich durch dieses Verlangen in Widerspruch zu ihrem eigenen Verlangen setzt, nicht mit Anwaltskosten für Abmahnungen belastet zu werden und ihr Zahlungsverlangen daher gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, § 242 BGB, verstößt. Die Klägerin verlangt von ihren Mitbewerbern, dass diese sich nach der Entdeckung von Wettbewerbsverstößen zunächst selber an sie wenden sollen, um eine kostenträchtige anwaltliche Abmahnung zu vermeiden. Sie droht insoweit an, die Anwaltskosten nicht[nbsp]zu zahlen und sogar den gleichwohl einen Anwalt bemühenden Wettbewerber mit einem Rechtsstreit zu überziehen. Unabhängig davon, dass eine derartige Klausel keine rechtlichen Wirkungen entfaltet. ist sie geeignet, jedenfalls rechtunkundige Mitbewerber zu verunsichern und zu veranlassen, vorsichtshalber selber abzumahnen. Wer ein solches Verhalten von Anderen erwartet, muss sich dann[nbsp]aber im Gegenzug auch ebenso verhalten und sich behandeln lassen, als habe er sich rechtlich verpflichtet, vor der Inanspruchnahme anwaltlichen Beistandes die Rechtsverletzung zunächst selber geltend zu machen, denn es ist kein Grund ersichtlich, diese Vergünstigung, die die Klägerin für sich in Anspruch nimmt, den Mitbewerbern vorzuenthalten (ebenso OLG Hamm, NJW-RR 2012, 562, 563 f.).

Das OLG musste schon einmal über eine ähnliche Klausel entscheiden. Dort hieß es:

Keine Abmahnung ohne vorherigen Kontakt’ Sollte der Inhalt oder die Aufmachung dieser Seiten fremde Rechte Dritter oder gesetzliche Bestimmungenverletzten, so bitten wir um eine en sprechende Nachricht ohne Kostennote (…). Dennoch von Ihnen ohne vorherige Kontaktaufnahme aufgelöste Kosten werde n wir vollumfänglich zurückweisen und gegebenenfalls Gegenklage wegen Verletzung vorgenannter Bestimmungen einreichen.

Bereits hier entschied das Gericht, dass die Abmahnkosten nicht erstattet werden können. Das die aktuelle Formulierung nicht ganz übereinstimmt, störte das Gericht nicht. Dem Geircht kam es in erster Linie darauf an, dass der Nutzer des Disclaimers selbst die Auffassung vertrag, man brauche keinen Anwalt:

Entscheidend ist jedoch die Tatsache, dass die Beklagte die Einschaltung von Rechtsanwälten für Abmahnungen selbst in seinem Auftritt für „unnötig”, ,,überflüssig” und „nicht erforderlich” erklärt. Dann kann sie nicht ihrerseits geltend machen, derartige Kosten seien doch „erforderlich” im Sinne des § 12 Abs..1 S. 2 UWG. Sie verhält sich damit grob widersprüchlich.

Die Entscheidung ist nachvollziehbar und durchaus begrüßenswert. Nutzer von Disclaimern sollten diese noch einmal genau unter die Lupe nehmen oder nehmen lassen. Wie gesagt, diese Dinger sind für gewöhnlich mindestens nutzlos, schlimmstenfalls schaden sie.

Urteil des OLG Düsseldorf v. 23.9.2017, I-20 U 79/17

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert