André Stämmler
Lange – aber mit skeptischen Blicken – erwartet, ist das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken – oder besser bekannt als Anti-Abzock-Gesetz – im Oktober 2013 in Kraft getreten. Große Hoffnungen wurden in das Gesetz gelegt, tatsächlich waren aber die Erwartungen eher gering.
Kein Ende des Abmahnwahns – nur eine Anpassung
Nach einigen Wochen scheinen sich die Befürchtungen zu bewahrheiten. Es ändert sich nicht wirklich viel, so scheint es jedenfalls bislang. Die Abmahnkanzleien reagieren offensichtlich recht unterschiedlich auf das Anti-Abzock-Gesetz. Wie der Kollege Gulden in seinem Blog berichtet verzichtet etwa die Kanzlei Sasse und Partner auf das beifügen einer vorformulierten Unterlassungserklärung. Dies liegt vermutlich am neuformulierten § 97 a UrhG. Danach muss eine der Abmahnung beigefügte Unterlassungserklärung erkennen lassen, inwieweit die Verpflichtungserklärung über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht. Ungeachtet dessen verlangt Sasse und Partner – wie auch bisher – pauschale 800 Euro. Einen anderen Weg geht Waldorf Frommer aus München. Wurden früher etwa für einen Film regelmäßig 450 € Schadenersatz und 578 Euro Rechtsanwaltsgebühren gefordert, ist nunmehr eine Anpassung erfolgt. Die geforderten Rechtsanwaltsgebühren belaufen sich auf 215 Euro aus einem Streitwert von 1.600 Euro, der Schadensersatz wird mit 600 Euro beziffert. Warum nunmehr der Schadensersatz höher angesetzt wird, lassen die Anwälte aus München offen. Hier mag sich jeder seinen Teil denken. Nicht ganz nachvollziehbar sind auch die anwaltlichen Kosten. Das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken sieht im außergerichtlichen Bereich eine Deckelung des Streitwertes für den Unterlassungsanspruch auf 1.000 Euro vor. Die Kosten der anwaltlichen Tätigkeit dürften sich damit auf 124 Euro begrenzen. Waldorf Frommer addiert aber den Streitwert des Schadensersatzanspruchs hinzu und kommt damit auf Gebühren in Höhe von insgesamt 215 Euro. Ob dieses Vorgehen vor Gericht Bestand haben wird, bleibt abzuwarten.
Wegfall des fliegenden Gerichtsstandes
Der Abmahnwahn scheint also zunächst kein Ende zu nehmen. Ein Hoffnungsschimmer liegt aber immer noch im Wegfall des fliegenden Gerichtsstandes. Konnten die Abmahnkanzleien bisher an ihrem Lieblingsgericht klagen, muss nunmehr grundsätzlich am zuständigen Gericht des Abgemahnten geklagt werden. Ob diese Gerichte dann ebenso abmahnfreundlich reagieren wie aktuellen Lieblingsgerichte (insbesondere das AG München) bleibt abzuwarten. Der Wegfall des fliegenden Gerichtsstandes wird vermutlich in erster Linie eine sehr differenzierte Rechtsprechung nach sich ziehen und damit sicherlich auch den BGH noch das ein oder andere Mal beschäftigen. Insgesamt könnte dies ein langsames Ende des Abmahnwahns bedeuten. Vorerst wird man aber weiter mit einer Vielzahl von Abmahnungen rechnen dürfen.