André Stämmler
Wer fremde Bewertungen selbstständig abändert, macht sich diese zu eigen und kann dafür haftbar gemacht werden. Das entschied der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 4. April 2017
Der Sachverhalt
Die spätere Beklagte betreibt ein Bewertungsportal im Internet. Darin können Patienten einzelne Kliniken bewerten. Die spätere Klägerin betreibt eine Klinik für HNO- und Laser-Chirurgie. Ausgangspunkt des Rechtsstreits war die Bewertung eines Patienten, der in der Klinik der Klägerin operiert wurde. 36 Stunden nach der Operation des Patienten und seiner Verlegung in anderes Krankenhaus trat bei den Patienten selbst es auf. In seiner anschließenden Bewertung über die Klinik behauptete der Patient, dass es “bei” einem Standardeingriff zu einer septischen Komplikation gekommen war. Behauptete weiter, dass das Klinikpersonal mit der lebensbedrohlichen Notfallsituation überfordert war und dass dies beinahe zu seinem Tod geführt habe. Die Klägerin forderte den Beklagten zur Entfernung des Beitrags aus ich dem Portal auf. Daraufhin nahm strich der Beklagte ohne Rücksprache mit dem Patienten einen Satzteil aus der Bewertung und fügte einen Zusatz hinzu. Er teilte der Klägerin diese “Eingriffe” sowie seine Auffassung mit, dass “weitere Eingriffe” nicht angezeigt erschienen.
Die Entscheidung
Das Landgericht gab der Klage statt. Die Berufung blieb ohne Erfolg.
Nach Auffassung des unter anderem für den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuständigen VI. Zivilsenat hat sich der Beklagte die angegriffenen Äußerungen zu eigen gemacht. Er haftet deshalb unmittelbarer als Störer. Der Beklagte hat die Äußerungen des Patienten auf die Rüge der Klägerin inhaltlich überprüft und auf sie Einfluss genommen. Er hat selbständig entschieden, welche Äußerungen er abändert oder entfernt und welche er beibehält. Das Ganze erfolgte ohne Rücksprache mit dem Patienten. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs muss hierbei eine Gesamtbetrachtung aller Umstände erfolgen. Danach der Beklagte die inhaltliche Verantwortung für die angegriffenen Äußerungen übernommen. Bei den Äußerungen handelte es sich um unwahre Tatsachenbehauptungen und um Meinungsäußerungen auf unwahrer Tatsachengrundlage und mit unwahrem Tatsachenkern. Das Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit muss damit hinter dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Klägerin zurückzutreten.
Die Entscheidung liegt noch nicht im Volltext vor.
Urteil des Bundesgerichtshof 04.04.2017 (Aktenzeichen; VI ZR 123/16)
Update:
Das Urteil liegt im Volltext vor und kann hier abgerufen werden.