André Stämmler
Ist das Foto eines Bildes urheberrechtlich geschützt, wenn das Foto das Bild lediglich 1:1 wiedergibt, also lediglich reproduziert? Mit dieser Frage musste sich das Landgericht Berlin beschäftigen. Und es hat ja gesagt.
In dem Fall ging ein Museum aus Mannheim gegen Wikimedia vor. Letztere hatte Fotos von Gemälden in den Online-Katalog aufgenommen. Die Fotos gaben die Gemälde 1:1 wieder, ohne zusätzliche Elemente wie Rahmen etc. Es handelte sich quasi um eine Digitalisierung mittels Fotoapparat. Der urheberrechtliche Schutz an den Gemälden war längst abgelaufen. Die Frage war nun, ob durch diese 1:1 Wiedergabe ein erneuter urheberrechtlicher Schutz entstehen konnte. Diesmal zugunsten des Museums.
Das Landgericht lehnte zunächst einen Schutz als sogenanntes Lichtbildwerk ab. Nach Ansicht des Gerichts fehlt es bei einer bloßen Reproduktion an der notwendigen geistigen Schöpfung
Fotos sind als Lichtbildwerke geschützt, wenn sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung des Urhebers sind. Dafür gilt die kleine Münze, so dass es keines besonderen Maßes an schöpferischer Gestaltung bedarf.
Die Klägerin beansprucht dies vor allem wegen des technisch-handwerklichen Aufwands. Dem ist nicht zu folgen. Der Gestaltungsspielraum des Museumsfotografen war durch die Aufgabe, eine möglichst originalgetreue Reproduktion des Gemäldes anzufertigen, um es in einem Museumskatalog abbilden zu können, auf eine technisch saubere Umsetzung beschränkt. Es war bereits vorgegeben, dass das Gemälde frontal und ohne Beiwerk zu fotografieren ist und dass Verfremdungen durch Lichteinfall, Farbverschiebungen usw. möglichst auszuschließen sind. Die Entscheidung, mit welcher Beleuchtung und Belichtung diese Aufgabe gelöst wird, ist rein handwerklicher Art. Eine gute handwerkliche Umsetzung einer Reproduktion ist jedoch von jedem professionellen Museumsfotografen in gleicher Weise zu erwarten, ohne dass es einen gestalterischen Spielraum gibt, die Reproduktion so oder so zu fotografieren, denn das Ergebnis soll möglichst originalgetreu sein, so dass Abweichungen zwischen mehreren von verschiedenen Fotografen angefertigten Reproduktionsfotos primär technischer und handwerklicher Natur sind, aber nicht Ausdruck einer eigenen Gestaltung. Einer rein handwerklichen Leistung fehlt unabhängig von ihrer technischen Qualität grundsätzlich die für ein Lichtbildwerk erforderliche Individualität. Konkrete, auf die einzelnen Fotos bezogene Umstände für eine Ausnahme im Einzelfall hat die Klägerin nicht dargetan, denn sie bezieht sich nur auf den allgemeinen technischen Ablauf einer Reproduktionsfotografie. Demnach scheidet eine Qualifizierung als Lichtbildwerk aus.
Diese Argumentation ist überzeugend.
In einem weiteren Schritt sprach das Gericht aber urheberrechtlichen Schutz als sogenanntes „Lichtbild“ zu. Den Lichtibildschutz genießen in der Regel bereits einfachste Schnappschüsse.
Lichtbilder sind Fotos jeglicher Art, welche die Werkqualität nicht erreichen. Geschützt wird nicht eine schöpferische, sondern eine rein technische Leistung, ohne dass es auf die Fähigkeiten und die Technik der Fotoaufnahme ankommt.
Das Landgericht Berlin bezog sich im wesentlichen auf ein die BGH-Entscheidung Bibelreproduktion (- 1 ZR 14/88 -, Urteil vom 8. November 1989). Wesentlicher Knackpunkt war letztlich der handwerkliche Aufwand den der Fotograf betreiben musste.
Die Klägerin hat im Einzelnen dargetan, welcher technische Aufwand erforderlich war, die streitgegenständlichen Fotos aufzunehmen. Das Bestreiten der Beklagten mit Nichtwissen ist unerheblich. Jedem fotografischen Laien ist bekannt, dass eine farb-und kontrastgetreue, nicht verzerrte Wiedergabe eines Gemäldes in Katalogqualität nicht „einfach so” bei beliebig vorgefundenen Beleuchtungsverhältnissen durch spontanes Abknipsen erzielt werden kann. Dies gilt besonders bei analoger Fotografie, in der die streitgegenständlichen Fotos seinerzeit angefertigt wurden. Es wäre daher Sache der Beklagten gewesen näher darzulegen, auf welchem konkreten anderen technischen Weg damals ein Foto gleicher Qualität auf einem Weg ohne nennenswerten Aufwand möglich gewesen sein sollte.
Das Urteil ging gegen Wikimedia. Offen ist die Frage was nun mit den Nutzern der Plattform geschieht. Auf Wikimedia wurden die Fotos als gemeinfrei eingestellt. Nutzer gingen also in der Regel davon aus, dass diese Fotos frei verwendet werden können. Auch hier gab es Abmahnungen. Nutzer werden argumentieren, dass man es schließlich nicht besser wissen musste. Was ich für überzeugend halte. Die Anforderungen an die Prüfpflichten sind zwar streng, aber die Zumutbarkeit muss Grenzen haben.