André Stämmler 07. Oktober
Ein neues Urteil des Bundesgerichtshofs zum Thema Filesharing dürfte die Chancen für abgemahnte Anschlussinhaber weiter verbessern. Bereits im Juli 2017 musste sich der Bundesgerichtshof erneut mit dem Thema Filesharing auseinandersetzen. Das neue Urteil konkretisiert die Anforderungen an den Vortrag zur sogenannten sekundären Darlegungslast.
Obwohl bereits einige Urteile des Bundesgerichtshofs zum Thema sekundäre Darlegungslast existieren, besteht in Deutschland eine uneinheitliche Rechtsprechung, was genau vorgetragen werden muss. Überspitzt ausgedrückt reicht es bei Gericht A eine andere Person zu benennen, bei Gericht B hingegen muss man schon mehr oder weniger den wahren Täter auf den Präsentierteller vorzeigen.
In dem Verfahren wurde ein Anschlussinhaber wegen einer Urheberrechtsverletzung an einem Ego-Shooter abgemahnt. Der Anschlussinhaber räumte ein, dass ebenso seine Frau als Täterin der Urheberrechtsverletzung jedenfalls nicht auszuschließen sei. Diese nutze den Internetanschluss gleichberechtigt, insbesondere für E-Mails, ihre tägliche Arbeit, sowie zum Streamen von YouTube Videos. Der abgemahnte Anschlussinhaber räumte zudem ein, dass seine Frau grundsätzlich auch zum vermeintlichen Tatzeitpunkt grundsätzlich die Möglichkeit zur Nutzung des Internetanschlusses hatte.
Nach Auffassung der Abmahner war dieser Vortrag zu unspezifisch, da insbesondere kein genauer Vortrag zur konkreten Tatzeit vorlag und die Ehefrau nicht der typische Spieler von Ego-Shootern sei.
Dieser Auffassung folgte der Bundesgerichtshof nicht und erteilte den Abmahnern eine Absage:
Ohne Erfolg rügt die Revision, der Beklagte habe lediglich die theoretische Möglichkeit einer Täterschaft seiner Ehefrau behauptet, weil er nicht vor-getragen habe, was diese zu den Tatzeitpunkten konkret getan habe und was er unternommen habe, um dieses herauszufinden. Er habe nicht einmal vorgetragen, ob er seine Ehefrau überhaupt hierauf angesprochen habe und welche Auskunft er gegebenenfalls erhalten habe.
Entgegen der Ansicht der Revision hat der Beklagte nicht nur die theoretische Möglichkeit aufgezeigt, dass seine Ehefrau die Urheberrechtsverletzungen begangen haben könnte. Vielmehr hat der Beklagte ausweislich der nicht mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag angegriffenen und auch von der Revision nicht beanstandeten, im Tatbestand des Berufungsurteils niedergelegten Feststellungen zum streitigen Beklagtenvortrag erster Instanz behauptet, seine Ehefrau befragt zu haben, die die Vornahme der beanstandeten Handlungen in Abrede gestellt habe. Der Beklagte hat danach ferner darauf verwiesen, die im Haushalt vorhandenen Computer ergebnislos nach dem Computerspiel durchsucht zu haben.
Dass der Beklagte keinen näheren Vortrag dazu gehalten hat, was seine Ehefrau zu den behaupteten Tatzeitpunkten getan hat, wirkt sich angesichts des bis zur Abmahnung verstrichenen Zeitraums von fast zwei Monaten nicht zu seinem Nachteil aus. Dem Inhaber eines privaten Internetanschlusses ist nicht abzuverlangen, zur Abwendung seiner täterschaftlichen Haftung die Internetnutzung seines Ehegatten einer Dokumentation zu unterwerfen (vgl. BGH, GRUR 2017, 386 Rn. 26 – Afterlife).
Ohne Erfolg rügt die Revision die Annahme des Berufungsgerichts, dass eine Täterschaft der Ehefrau auch mit Blick auf die Art des Computer-spiels – eines “Ego-Shooter-Spiels” – nicht ausscheide.
Die Revision macht ohne Erfolg geltend, die tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers sei erst dann nicht mehr begründet, wenn Umstände feststünden, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs ergäben, so dass der Beklagte hafte, weil er die von ihm behauptete Täterschaft seiner Ehefrau nicht habe beweisen können.
Diese Auffassung der Revision entspricht nicht der ständigen Rechtsprechung des Senats, der zufolge der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast bereits dadurch genügt, dass er hinreichend konkret zur Möglichkeit der Täterschaft eines Dritten vorträgt; eine Umkehr der Beweislast ist hiermit nicht verbunden (dazu vorstehend II 1 b aa).
Fazit:
Das Urteil ist ein kleiner Paukenschlag und dürfte neue Hoffnung für Abgemahnte bringen. Dennoch sollte die Verteidigung gegen eine Abmahnung gut vorbereitet werden und nicht auf die leichte Schulter nehmen.