André Stämmler
Einmal in der Öffentlichkeit bedeutet immer in der Öffentlichkeit, so jedenfalls könnte man die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 5. November 2013 interpretieren.
Was war passiert?
In dem Verfahren hatte sich der BGH mit der Frage zu beschäftigen, ob die Veröffentlichung von Vornamen und Alter eines Promi-Kindes zulässig sind. Geklagt hatte die zehnjährige Adoptivtochter des prominenten Günther J. Nach Verleihung der goldenen Kamera an den prominenten Günther J. berichtete die Beklagte Zeitschrift über das Leben der Familie wie folgt:
„Sie kümmert sich im heimischen Potsdam um die vier Kinder, die beiden leiblichen Töchter Svenja (21) und Kristin (18) sowie die adoptierten Mädchen Katja (14) und Mascha (10).“
BGH lässt das Allgemeine Persönlichkeitsrecht zurücktreten
Im Klageverfahren verlangte die Klägerin Mascha S. Von der Beklagten, die Veröffentlichung, sie sei ein Kind von Günter J., zu unterlassen. Wären die beiden Vorinstanzen der Klägerin recht gaben, wies der für das allgemeine Persönlichkeitsrecht zuständige Bundesgerichtshof die Klage ab. Zwar erkannte der Bundesgericht Gerichtshof hier eine Verletzung des Rechts der informationellen Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK der Klägerin. Im konkreten Fall müsse dieses Recht jedoch hinter das Informationsinteresse der Allgemeinheit zurücktreten. Zunächst ist hier durchaus eine Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der
Landgericht Hamburg – Urteil vom 13. Januar 2012 – 324 U 454/11 Klägerin und dem Informationsinteresse der Allgemeinheit notwendig. Insbesondere war zu prüfen ob nicht eine Berichterstattung ohne die konkrete Namensnennung möglich war. Maßgeblich für die Entscheidung war hier offenbar die Tatsache, dass über die Klägerin bereits in den Jahren 2006-2008 ausführlich mit Nennung des Vornamens, Alter und Abstimmung berichtet wurde und die Klägerin damit immer noch weithin in der Öffentlichkeit präsent sei. Nach Auffassung des BGH für dies zu einem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin welche aber Meinung-und Medienfreiheit der Beklagten nicht überwiegen kann.
Interessant wäre zu erfahren, wann eine Berichterstattung lange genug zurück liegt um nach Auffassung des BGH nicht mehr relevant zu sein. Darüber hinaus halte ich die Argumentation des BGH für bedenklich. Stellt man beim Allgemeinen Persönlichkeitsrecht grundsätzlich auf ein aktuelles zeitgeschichtliches Ereignis ab, ist zunächst nicht nachvollziehbar, wie hier eine mehr als 4 Jahre zurückliegende Berichterstattung miteinbezogen werden kann. Darüber hinaus ist auch die Verknüpfung der Verleihung der Goldenen Kamera – was sicherlich als zeitgeschichtliches Ereignis herhalten darf – und das Privatleben im Garten. Diese ist für mich jedenfalls nicht ganz nachvollziehbar. Es bleibt abzuwarten, ob das Urteil im Volltext hier mehr Einblicke liefert.
Urteil des Bundesgerichtshof vom 5. November 2013 – Aktenzeichen: VI ZR 304/12
Landgericht Hamburg – Urteil vom 13. Januar 2012 – 324 U 454/11
Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg – Urteil vom 4. April 2012 – 7 U 5/12
Quelle:Pressemitteilung Nummer 181/2013 des Bundesgerichtshof