Die Auftragslage ist hervorragend, aber einige Kunden zahlen nicht. Zu viele Außenstände können Unternehmen schnell in eine reale Schieflage bringen, obwohl es an Aufträgen nicht mangelt. Professionelles Forderungsmanagement ist dabei das A und O, um die Liquidität im Unternehmen aufrecht zu erhalten. In der Praxis erleben wir leider häufig, dass die Buchhaltung vernachlässigt wird, es ist ja schließlich nicht das Kerngeschäft. Kommen dann noch rechtliche Unwissenheit dazu, kann das schnell gefährlich werden. Liquiditätsengpässe können die Folge sein.
Forderungsmanagement mit Plan
Ein gut geplantes Forderungsmanagement sollte ein fester Bestandteil der Unternehmensstrategie sein. Gerade bei kleineren und mittleren Unternehmen erleben wir jedoch immer wieder, dass dieser Punkt vernachlässigt wird und rechtliche Unwissenheit die Geltendmachung unnötig verzögern oder erschweren. Das muss nicht sein. Wer ein paar Punkte beachtet und konsequent umsetzt, geht vielen Schwierigkeiten aus dem Weg.
Die Auswahl des Geschäftspartners
Professionelles Forderungsmanagement beginnt oft schon bei der Auswahl des Kunden. Unternehmer sollten sich dabei den Kunden genau anschauen. Oft ergeben sich im ersten Gespräch schon Anzeichen, dass es Probleme mit dem Kunden geben könnte. Hier kann man durchaus auch mal auf die eigene Erfahrung und das Bauchgefühl hören. Nach unseren Erfahrungen sind überschwängliche Lobpreisung und Slogans wie “Geld spielt keine Rolle” erste Anzeichen für einen problematischen Kunden. Zusätzlich lohnt oftmals eine Bonitätsabfrage. Gerade bei größeren Aufträgen sollte das eigentlich eine selbstauferlegte Pflicht sein. Letztlich sollte man bei größeren und längerfristigen Projekten, die ggf. auch eigene Mittel binden, immer einen Vorschuss oder Abschlagszahlungen vereinbaren.
Je nachdem in welchem Geschäftsbereich ein Unternehmen tätig ist, sollten und müssen Vorschüsse explizit vereinbart werden. Ein fairer Vertragspartner wird das in aller Regel akzeptieren. Wenn der Kunde einen Vorschuss oder Abschlagszahlungen nicht akzeptieren will, sollte man hellhörig werden und die Beweggründe hinterfragen. Häufig fällt hier das Argument, dass man erstmal Leistung sehen will. Das zieht nach unserer Auffassung nur bedingt. Schließlich haben Sie ebenfalls keine Erfahrung mit dem Kunden und die Vergütung ist ebenso eine Leistungspflicht. Ein angemessener Vorschuss und angemessene Abschlagszahlungen sind da ein fairer Mittelweg. Wer das nicht einsieht, ist nach unseren Erfahrungen in der Regel auch sonst kein guter Geschäftspartner.
Schwieriger wird es natürlich, wenn das Geschäftsmodel automatisiert ist, z.B. bei einem Onlineshop. Hier sieht man den Kunden nicht, eine Einschätzung ist schwer. Allerdings gibt es hier die Möglichkeit zu einer automatisierten Bonitätsprüfung. Alternativ kann man auch gegen Vorkasse arbeiten. Das ist in der Praxis sogar üblich. Die Risiken für Onlinebetrug sind einfach zu groß.
Rechnungen
Die Leistung ist erbracht, jetzt wird es Zeit die Rechnung zu schreiben. Die Anforderungen an eine ordentliche Rechnung ergeben sich aus § 14 UStG. Danach muss eine Rechnung folgenden Inhalt enthalten:
Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:
- den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
- die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
- das Ausstellungsdatum,
- eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),
- die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
- den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt,
- das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,
- den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt,
- in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers und
- in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Absatz 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift”.
Die Rechnung kann übrigens auch elektronisch Versandt werden. Voraussetzung ist allerdings die Zustimmung des Empfängers. An die Zustimmung sind aber keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Hier reicht es aus, wenn die Zustimmung in die eigenen AGB mit aufgenommen wird, oder der Empfänger dem elektronischen Versand nicht widerspricht.
Wiedervorlagen
Wenn die Rechnung geschrieben und versandt wurde, sollte man sich Wiedervorlagen für den Zahlungseingang anlegen. Je nach Fälligkeit sollten Zahlungseingänge regelmäßig überprüft werden. Moderne Software oder Cloud-Lösungen unterstützen dabei und zeigen automatisch an, wann eine Rechnung überfällig ist. Wer Rechnungen noch klassisch mit Excel oder Word schreibt, sollte sich eine Wiedervorlage in den Kalender eintragen. Nach unserer Erfahrung lassen Unternehmen oft gutes Geld liegen, weil die Rechnung einfach in Vergessenheit gerät. Wir raten dazu auf eine professionelle Software zurückzugreifen. Hier gibt es auch für kleinere Unternehmen bereits Angebote für wenige Euros.
Fälligkeit der Rechnung
Grundvoraussetzung damit die Rechnung bezahlt wird ist, dass die Forderung fällig ist. Die Fälligkeit ergibt sich entweder aus dem geschlossenen Vertrag oder nach dem Gesetz. Das BGB regelt in § 271, dass die Fälligkeit grundsätzlich sofort nach Erbringung der Vertragsleistung eintritt. Wann das der Fall ist, hängt ein Wenig vom Einzelfall ab. Beim Kaufvertrag tritt die Fälligkeit in der Regel mit Abschluss des Kaufvertrages ein. Bei einem Werkvertrag tritt die Fälligkeit in der Regel mit Abnahme ein, bei einem Dienstvertrag dagegen mit Erbringung der Dienste. Bei einem auf längere Zeit angelegten Dienstvertrag kann damit die Vergütung grundsätzlich Abschnittsweise verlangt werden z.B. nach Tagen oder Wochen.
In der Regel wird eine monatliche Abrechnung vereinbart. Bei einem Werkvertrag der sich über längere Zeit zieht z.B. beim Hausbau oder der Programmierung einer Individualsoftware, kann einige Zeit ins Land gehen, bis Geld fließt. Hier bieten sich wie oben schon dargestellt ein Vorschuss oder Abschlagszahlungen an. In der Praxis wird in der Regel ein Zahlungsziel festgelegt. Das Zahlungsziel kann individuell vereinbart werden und auch mehrere Wochen nach dem Rechnungsdatum liegen.
Die Verjährung im Auge behalten
Bei jeder Forderung muss die Verjährung im Auge behalten werden. Eine Forderung verjährt in der Regel drei Jahre nach Schluss des Jahres in dem diese entstanden ist. Klingt kryptisch, ist aber einfach zu berechnen. Man nimmt das Jahr in dem die Forderung entstanden ist und rechnet drei Jahre ab dem 31.12. dieses Jahr drauf. Eine Forderung die zum Beispiel im Laufe des Jahres 2020 entsteht verjährt also am 31.12.2023. Mit Eintritt der Verjährung ist die Forderung nicht mehr durchsetzbar. Die Verjährung muss als sogenannte Einrede vom Schuldner geltend gemacht werden und wird nicht automatisch vom Gericht beachtet. Es gibt bestimmte Situationen die die Verjährung hemmen. Diese sind in §§ 203, 204 BGB geregelt. Die wichtigsten Situationen sind
- laufende Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger, solange nicht der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert
- die Erhebung der Klage oder
- die Zustellung des Mahnbescheids.
Droht eine Forderung zu verjähren, ist Eile geboten. Unternehmen sollten sich hier rechtzeitig kümmern, um nicht zwischen Jahren am 28. Dezember festzustellen, dass eine Forderung drei Tage später verjährt.
Mahnung
Wenn die Zahlung trotzdem ausbleibt müssen andere Schritte eingeleitet werden. Der nächste Schritt wäre in diesem Fall die Mahnung. Theoretisch könnte man auch ohne Mahnung direkt einen Anwalt beauftragen oder Klage einreichen. Ohne vorherige Mahnung besteht aber die Gefahr, dass man diese Kosten dann selber tragen muss. Durch die Mahnung wird der Schuldner in Verzug gesetzt und muss dann auch Schäden ersetzen, die durch den Verzug entstehen. Zu diesen Schäden gehören einfach ausgedrückt die Kosten des Anwalts oder die Gerichtskosten bzw. Kosten des Mahnverfahrens.
Formlose Mahnung genügt, ist aber unpraktisch
Die Mahnung kann völlig formlos erfolgen. Aus Beweisgründen bietet sich aber eine schriftliche Mahnung an. Idealerweise schickt man die Mahnung per Fax oder Einschreiben.
Die Mahnung muss bestimmt und eindeutig sein, damit der Schuldner weiß, um welche Forderung es geht. Darüber hinaus muss die Mahnung erkennen lassen, dass das Ausbleiben der Leistung Folgen haben kann (BGH NJW 98, 2132, 2133). In der Regel genügt hier die ernsthafte Zahlungsaufforderung. Wir empfehlen trotzdem ein paar Punkte zur Klarstellung aufzunehmen:
- Rechnungsnummer und Rechnungsdatum,
- Nummer des Lieferscheins (wenn vorhanden),
- Zahlungsziel und
- Leistung (detailliert aufgeführt).
Verzug ohne Mahnung
In bestimmten Fällen kann man auf die Mahnung verzichten. Das ist der Fall, wenn
- für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
- der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
- der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
- aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
Punkt 1 führt in der Praxis häufig zu Missverständnissen. Viele Gläubiger glauben, dass die einseitige Festlegung ausreicht. Das ist in der Regel nicht der Fall. Voraussetzung ist, dass beide Parteien einvernehmlich eine Leistungszeit bestimmt haben.
Ohne Mahnung tritt Verzug schließlich auch dann ein, wenn der Schuldner nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet. Aber auch hier ist Vorsicht geboten! Ist der Schuldner ein Verbraucher, tritt der automatische Verzug nach 30 Tagen nur ein, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wer regelmäßig B2C-Geschäfte tätigt, sollte also entsprechende Hinweise in die Rechnung aufnehmen, sofern keine anderen Zahlungsziele vereinbart sind.
Praxishinweis
Entgegen einer verbreiteten Meinung muss man keine drei Mahnungen versenden. Eine einzige Mahnung reicht (sofern diese nicht so oder so entbehrlich ist), um den Schuldner in Verzug zu setzen. In der Praxis haben sich aber tatsächlich 3 Mahnungen etabliert, auch wenn dies nicht notwendig ist. Faktisch muss man selbst entscheiden, ob man den Mehraufwand und Zeitverlust von 3 Mahnungen auf sich nehmen will. Viele Unternehmen scheuen sich davor, zeitnah harte Bandagen anzulegen. Hier sollte man sich aber ernsthaft fragen, warum genau die dritte Mahnung den Schuldner eher zur Zahlung veranlassen sollte als die Erste?
Anwalt, Inkasso, Mahnbescheid und Klage
Wenn selbst die Mahnung nicht weiterführt, sollte man einen Anwalt oder Inkasso-Dienstleister einschalten.
Anwalt oder Inkasso-Dienstleister
Ein Anwalt oder Inkassodienstleister wird in der Regel ebenfalls zunächst versuchen die Forderung außergerichtlich geltend zu machen. Wie viele Schreiben der Anwalt oder Inkassodienstleister außergerichtlich versuchen, hängt vom Einzelfall ab und sollte ggf. mit Anwalt oder Inkassodienstleister abgesprochen werden.
Die Kosten für die Beauftragung des Anwalts oder Inkassodienstleister, müssen, sofern die Forderung berechtigt und der Schuldner im Verzug ist, durch den Schuldner getragen werden. Das klappt natürlich nur, wenn beim Schuldner überhaupt etwas zu holen ist. Ansonsten bleibt man auf diesen Kosten sitzen. Hier ist es umso wichtiger, schon im Vorfeld zu klären, ob Zweifel an der Liquidität des Schuldners bestehen. Es sollte ebenfalls geklärt werden, welche Kosten im Zweifel durch den Anwalt oder Inkassodienstleister entstehen könnten und ob ggf. auch hier Vorschüsse verlangt werden.
Neben einem klassischen Forderungseinzug durch Anwalt oder Inkassodienstleister besteht ggf. die Möglichkeit die Forderung zu verkaufen. Der Käufer kauft dann die Forderung, meist zu einem geringeren Preis ein, als dem eigentlichen Wert. Hier sollte man die Konditionen genau beachten. Oft ist der Spatz in der Hand aber besser als die Taube auf dem Dach.
Klage und Mahnverfahren
Als letzter Schritt im Forderungsmanagement bleibt oft nur das Mahnverfahren oder die Klage auf Leistung. Beide Verfahren haben Vor- und Nachteile und man sollte je nach Situation entscheiden, welches Verfahren man einsetzt. Beide Verfahren schließen sich dabei nicht aus. Das Mahnverfahren kann jederzeit ins Klageverfahren übergehen.
Mahnverfahren
Das Mahnverfahren läuft in der Regel schneller ab als der Klageweg. Das Gericht prüft hier nicht, ob der Anspruch berechtigt ist oder nicht. Auf Antrag wird der Mahnbescheid erlassen und an den Schuldner zugestellt. Der Schuldner hat die Möglichkeit dagegen Widerspruch einzulegen oder zu zahlen. Legt er keinen Widerspruch ein und zahlt auch nicht, kann nach weiteren zwei Wochen ein Vollstreckungsbescheid beantragt werden. Hiergegen kann der Schuldner wieder innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung Einspruch einlegen. Versäumt er diese Frist hat man einen wirksamen Titel in der Hand. Dieser Titel ist in etwa gleichzusetzen mit einem rechtskräftigen Urteil. Mit dem Titel kann man die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner durch den Gerichtsvollzieher betreiben.
Das Mahnverfahren bietet sich an, wenn man davon ausgeht, dass der Schuldner gegen die eigentliche Leistung keine Einwände hat. Es ist in der Regel schneller als ein Gerichtsverfahren.
Klage
Wenn man mit Einwänden des Schuldners gegen die eigentliche Leistung rechnet, z.B. weil er meint das die Leistung mangelhaft ist, ist wahrscheinlich der direkte Klageweg die bessere Option. Hier wird der Anwalt eine ganz normale Klage auf Leistung einreichen. Es kommt dann wahrscheinlich zu einem Gerichtsprozess, bei dem auch eine Beweisaufnahme und eine mündliche Verhandlung stattfinden werden. Legt der Schuldner rechtzeitig Widerspruch oder Einspruch gegen einen Mahnbescheid ein oder Vollstreckungsbescheid ein, kommt es ebenfalls zum Klageverfahren.
Sowohl Mahnverfahren als auch Klage, kann man grundsätzlich auch selbst einreichen, ohne Anwalt. Bei der Klage geht das aber nur bis zu einer Höhe von 5.000,00 EUR. Alles darüber unterliegt dem sogenannten Anwaltszwang. Während das Mahnverfahren durchaus für den Laien noch selbst “machbar” ist, raten wir von der Klage ohne Anwalt ab. Hier ist das das Risiko zu große einen formellen Fehler zu begehen und vielleicht nur deshalb einen berechtigten Anspruch zu verlieren.
Die Kosten eines Mahn- oder Gerichtsverfahrens sind – sofern man gewinnt – ebenfalls vom Schuldner zu tragen. Voraussetzung ist natürlich immer, dass beim Schuldner etwas zu holen ist.
Checkbox Forderungsmanagement
- Gibt es Anzeichen, dass der Geschäftspartner nicht liquide ist/der Auftrag Probleme bereiten kann?
- Wurde ein Vorschuss oder Abschlag ist vereinbart?
- Fälligkeit ist notiert und im Kalender vermerkt
- Mahnung ausgesprochen oder entbehrlich
- Kostenrisiko Anwalt/Inkassodienstleister geklärt?
Unser Video zum Thema
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