BGH zu Filesharing: Täterschaftsvermutung kippt teilweise (BGH I ZR 169/12)

BGH zu Filesharing: Täterschaftsvermutung kippt teilweise (BGH I ZR 169/12)

André Stämmler

Bereits im Januar 2014 urteilte der Bundesgerichtshof über die Haftung in Filesharing Angelegenheiten; mein Blogbeitrag hierzu “Keine Haftung des Anschlussinhabers für volljährige Familienmitglieder“. Nunmehr liegt auch der Volltext des Urteil des Bundesgerichtshof vom 08.01.14 (BGH I ZR 169/12) vor und bringt noch einige interessante Erkenntnisse mit sich.Bereits der Pressemitteilung vom 8. Januar 2014 war zu entnehmen, dass der Anschlussinhaber eines Internetanschlusses nicht für das Verhalten eines volljährigen Familienangehörigen als so genannter Störer haftet, sofern keine Anhaltspunkte vorliegen das über den Internetanschluss etwaige Urheberrechtsverletzungen begangen werden.

Keine Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers

Aus der nunmehr vorliegenden Urteilsbegründung ist jedoch ein weiterer Punkt zu entnehmen, der es Abmahnern zukünftig sehr schwer machen dürfte. Entgegen einer bisher in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung, geht der BGH nicht mehr ohne weiteres von einer Täterschaft Vermutung des Anschlussinhabers aus. Bisher galt: Wird eine Urheberrechtsverletzung über den Internetanschluss begangen, wird zunächst vermutet, dass der Anschlussinhaber auch gleichzeitig der Täter der Urheberrechtsverletzung ist. An diese Vermutung hält der BGH nun offenbar nicht mehr ohne weiteres Fest. Nach Auffassung des Gerichtshofs

ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. Dies ist insbesondere dann der Fall, in der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war oder bewusst Anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (Anschluss an BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 – I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 – Sommer unseres Lebens; Urteil vom 15. November 2012 I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 = WRP 2013, 799 – Morpheus).

Um damit eine Haftung als Täter der Urheberrechtsverletzung zu verhindern, dürfte es damit ausreichen,  wenn glaubhaft vorgetragen wird, dass der Internetanschluss entweder Dritten zur Verfügung gestellt wurde oder Dritte aufgrund einer unzureichenden Sicherung  (z.B. keine WLAN Verschlüsselung )unberechtigt Zugriff auf den Anschluss hatten. In diesem Fall kommt aber immer noch eine Haftung als so genannter Störer in Betracht. Dies wird insbesondere der Fall sein wenn das WLAN nicht ausreichend gegen unbefugten Zugriff gesichert war. Überlässt man dagegen den Internetanschluss einer anderen Person, wird es auf den Einzelfall ankommen. Handelt es sich um Familienmitglieder scheidet auch eine Störerhaftung aus, wenn keine Anhaltspunkte für eine Urheberrechtsverletzung vorlagen. Der Bundesgerichtshof lehnte in diesem Fall eine Störerhaftung ab, da die Überlassung des Internetanschlusses in der Regel aus familiärer Verbundenheit und einem Vertrauensverhältnis heraus erfolgt. Diese Argumente wird man auch für enge Freunde, Bekannte oder Mitglieder einer Wohngemeinschaft heranziehen können. Überlässt man dagegen der Internetanschluss einer x-beliebigen Person, werden diese Argumente nicht ohne weiteres greifen.

Zumutbare Nachforschungen

Weiterhin stellt der Bundesgerichtshof aber auch ist fest, dass der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet ist:

Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, trägt der Anschlussinhaber eine sekundäre Darlegungslast. Dieser entspricht er dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Insoweit ist der Anschlussinhaber im Rah-men des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (Fortführung von BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 – I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 – Sommer unseres Lebens; Urteil vom 15. November 2012 I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 = WRP 2013, 799 – Morpheus).

Welche Anforderungen an diese Nachforschungen zu stellen sind, ist unklar. Wenigstens eine Befragung der in Betracht kommenden „Täter“ dürfte sich noch im Rahmen des Zumutbaren befinden. Eine darüber hinausgehende technische Überprüfung oder Überprüfung der maßgeblichen Geräte ist meines Erachtens nicht mehr zumutbar und darüber hinaus rechtlich nicht ohne weiteres möglich.Urteil des BGH I ZR 169/12

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