Shopbetreiber aufgepasst: Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs

Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs

Worum geht’s?

Bundestag und Bundesrat haben in den vergangenen Wochen das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs beschlossen (zum Entwurf). Damit ist das Gesetzgebungsverfahren nahezu abgeschlossen. Das Gesetz enthält ein umfassendes Paket an Maßnahmen. Ziel war die Eindämmung des Abmahnmissbrauchs, hier insbesondere der Schutz von Selbstständigen, sowie kleineren und mittleren Unternehmen vor den Folgen solcher Abmahnungen. Das Gesetz bestimmt den teilweisen Wegfall der Kostenerstattungspflicht einer Abmahnung, um so dem systemischen Abmahnwesen den Anreiz zu nehmen. Es enthält unter anderem eine Verschärfung der Anforderungen an die Anspruchsberechtigung, die Begrenzung des Streitwertes in einfach gelagerten Fällen, sowie der Vertragsstrafenhöhe in einfach gelagerten Fällen.

Was bisher geschah…

Eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung ist die formelle Aufforderung, ein bestimmtes, vermeintlich wettbewerbswidriges Verhalten zu unterlassen. Insbesondere Shopbetreiber treffen umfassende (Verbraucherinformations-)Pflichten im Bereich des Fernabsatzes und des elektronischen Geschäftsverkehrs. Aber auch warenspezifische, verbraucherschützende Verhaltenspflichten, beispielsweise beim Verkauf von Lebensmitteln, sind besonders anfällig für Abmahnungen. Das wettbewerbsrechtliche Abmahnsystem dient eigentlich dazu, wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten zwischen den Beteiligten schnell, verhältnismäßig kostengünstig und überwiegend unbürokratisch aus der Welt zu schaffen. Das Abmahnwesen verselbstständigte sich jedoch. Massenhafte, oft standardisierte und in einer Vielzahl der Fälle aufgrund von „Bagatellverstößen“ ausgesprochene Abmahnungen waren die Folge. Begriffe wie Massenabmahnungen und Abmahnwellen geistern mehr oder weniger in regelmäßigen Zyklen durch die Medien.

Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs – Was ist neu?

Das Das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs will hier einen Riegel vorschieben und bringt einige Änderungen mit.

Wer darf abmahnen?

Die Berechtigung zur Aussprache von Abmahnungen wird für Mitbewerber und Wirtschaftsverbände verschärft. Mitbewerber müssen künftig tatsächlich, in nicht unerheblichen Maß, geschäftlich tätig sein und nicht nur gelegentlich Waren- und/oder Dienstleistungen anbieten. Ein guter Ansatz. Wir warten nun ab, wie sich der Begriff des „unerheblichen Maßes“ in der Praxis eingliedert.

Viel brisanter ist die Anspruchsberechtigung für eingetragene Wirtschaftsverbände. Diese müssen zukünftig in eine neue Liste, die sog. „Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände“, eingetragen sein. Die Abmahnbefugnis von qualifizierten Wirtschaftsverbänden hängt künftig von der vom Bundesamt der Justiz durchzuführenden Prüfung und Eintragung in diese Liste ab. Dies soll vor allem dem aktiven Abmahnwesen von sogenannten Verbraucherschutzverbänden entgegenwirken. So müssen diese qualifizierten Wirtschaftsverbände einen erheblichen Anteil von Unternehmen auf dem jeweils spezifischen Markt repräsentieren. Die satzungsgemäße Aufgabe des Verbandes muss die Verfolgung und Förderung gewerblicher und selbständiger beruflicher Interessen, sowie die Beratung und Information zu Fragen des unlauteren Wettbewerbs sein. Diese Aufgaben muss der Verband auch seit mindestens einem Jahr ausgeübt haben. Weitere Voraussetzung ist, dass der Verband mindestens 75 Unternehmen als Mitglieder aufweisen kann. Das könnte für sogenannte „Abmahnvereine“ massive Probleme bereiten.

Klare Informationen in der Abmahnung

Bisher gab es keine formellen Anforderungen an eine Abmahnung, nunmehr müssen wirksame Abmahnungen folgende formelle Voraussetzungen erfüllen:

  • Name oder Firma des Abmahnenden sowie im Fall einer Vertretung zusätzlich der Name oder Firma des Vertreters
  • die Voraussetzungen der Anspruchsberechtigung
  • ob und in welcher Höhe ein Aufwendungsersatzanspruch geltend gemacht wird und wie sich dieser berechnet
  • die Rechtsverletzung unter Angabe der tatsächlichen Umstände
  • falls einschlägig, dass der Anspruch auf Aufwendungsersatz ausgeschlossen ist

Vorformulierte und nicht auf den Einzelfall gemünzte Abmahnungen sollen dadurch vermieden werden. Damit steigt auch das Haftungsrisiko der Abmahnenden.

Deckelung der Kostenerstattungspflicht der Abmahnung

In einigen Fällen fällt der Kostenerstattungsanspruch für die Abmahnung vollständig weg. Mitbewerber können somit die Abmahnkosten nicht vom Verletzter erstattet bekommen.

Die Gesetzesbegründung zählt folgende Verstöße exemplarisch auf:

  • Impressumspflichten nach § 5 des Telemediengesetzes
  • die Pflicht zur Vorhaltung eines klickbaren Links auf die OS-Plattform der EU-Kommission
  • Informationspflichten in Fernabsatzverträgen nach § 312d BGB (etwa: wesentliche Produkteigenschaften, Garantien, Lieferzeiten)
  • die Pflicht zur Vorhaltung einer Widerrufsbelehrung
  • die Vorschriften der Preisangabenverordnung
  • Verstöße im Bereich der datenschutzrechtlichen Informationspflichten nach der DSGVO oder dem BDSG, sofern der Abgemahnte weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigt

Ausdrücklich weiterhin kostenpflichtig abmahnbar bleiben für Mitbewerber aber:

  • Verstöße gegen Warnhinweispflichten (etwa nach Spielzeugverordnung)
  • Verstöße gegen die Kennzeichnungspflicht für geschäftliche Handlungen (Werbekennzeichnung, Kennzeichnung von Sponsoring etc.)

Gerade die Kennzeichnungspflichten im E-Commerce (Impressum, OS-Plattform, Fernabsatzinformationen) sind bis heute nach unserer Erfahrung ein häufiger Grund für Abmahnungen. Insofern begrüßen wir diese Novelle. Der Nachteil ist natürlich, dass dann der Abmahner hier nun seine Anwaltskosten selbst tragen muss.

Abmahnmissbrauch – Kostenerstattung für unberechtigt Abgemahnte

Abmahnungen die missbräuchlich gegenüber dem Mitbewerber ausgesprochen werden, führen nun zu einem Gegenanspruch des Abgemahnten. Dabei ist ungeklärt ob dieser Kostenerstattungsanspruch auch greift, wenn die Abmahnung „kostenfrei“ ausgesprochen wurde.

Das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs zählt nun einige Beispiele auf, wann eine Abmahnung missbräuchlich sein kann. Das ist beispielsweise der Fall, wenn die Abmahnung vorwiegend dazu dient gegen den Abgemahnten einen Anspruch auf Zahlung von Aufwendungsersatz oder Erstattung der Rechtsverfolgungskosten geltend zu machen. Missbräuchlich soll die Abmahnung auch sein, wenn Sie nur der Zahlung einer Vertragsstrafe dient oder Abmahnende den Gegenstandswert unangemessen hoch ansetzt. Bei der Beurteilung ist hier eine umfassende Würdigung der Gesamtumstände erforderlich. Den Fallbeispielen kommt lediglich Indizwirkung zu.
Das Konstrukt ist nicht ganz neu. Auch bisher waren rechtsmissbräuchliche Abmahnungen unwirksam. Die Rechtsprechung war in der Feststellung des Rechtsmissbrauchs aber durchaus zurückhaltend.

 Einschränkungen bei Vertragsstrafen

Das Gesetz sieht Einschränkungen bei der Vertragsstrafe vor. Die Vereinbarung einer Vertragsstrafe mit einem Mitbewerber ist nunmehr ausgeschlossen, wenn dieser Mitbewerber zum ersten Mal eine Unterlassungserklärung vom Abgemahnten fordert und der Abgemahnte weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt. Mahnt ein Wirtschaftsverband, eine qualifizierte Einrichtung, die IHK, die Handwerkskammer oder eine Gewerkschaft ab, so gilt diese Regelung nicht. Diese Institutionen können weiterhin ohne Einschränkungen ein strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung mit einer angemessenen Vertragsstrafe im Rahmen einer ersten Abmahnung verlangen.

Fliegender Gerichtsstand – teilweise abgeschafft

Der Abmahnende konnte sich bisher häufig das für ihn örtlich zuständige Gesicht frei wählen (fliegender Gerichtsstand). Mit dem Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs soll sich das ändern. In Zukunft gilt bei Verstößen, insbesondere bei Verstößen im Internet, grundsätzlich der einheitliche allgemeine Gerichtstand des Beklagten. Damit konnten Abmahner z.B. einstweilige Verfügungen bei einem weit entfernten Gericht beantragen. Die Rechtsverteidigung wurde dadurch gerade für kleine Unternehmen erschwert. Außerdem konnten gerichtliche Verfahren bei einem Gericht eingereicht werden, von dem der Abmahner wusste, dass dieses Gericht wahrscheinlich eher zu seiner Rechtsauffassung neigt oder regelmäßig hohe Streitwerte festsetzt.
Die Einschränkung des fliegenden Gerichtsstands wird Abmahnungen nicht stoppen, dürfte aber gerade für kleinere Unternehmen durchaus die Verteidigung erleichtern. Umgekehrt werden nun flächendeckend Gerichte mit Spezialmaterien befasst. Das kann durchaus zu spannenden Ergebnissen führen.

 

Fazit – Wirklich ein Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs

Ob das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs tatsächlich das systemische Abmahnwesen eindämmt, wird sich erst in der nahen Zukunft zeigen. Der genaue Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Gesetzes steht noch nicht fest, es ist aber in den kommenden Wochen damit zu rechnen. Die Änderung der Abmahnbefugnis (Aktivlegitimation) im Bereich der qualifizierten Wirtschaftsverbände tritt erst neun Monate nach Verkündung des Gesetzes in Kraft.

Zumindest lohnt es sich für Shopbetreiber nun mehr denn je eine erhaltene Abmahnung genau zu prüfen bzw. prüfen zu lassen und strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärungen nicht ungeprüft abzugeben. Außerdem steht dem Abgemahnten nun für eine formwidrige Abmahnung und/oder eine missbräuchliche Abmahnung ein Gegenanspruch auf Kostenerstattung zur Seite.

Wir unterstützen Euch dabei gern.

Mehr zum Thema Abmahnung findet ihr ebenfalls in unserem Blog: Abmahnung

* Dieser Blogbeitrag entstand mit Unterstützung unserer Praktikantin Maela Rohou

 

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