André Stämmler
Erst kommt die Abmahnung ins Haus geflattert und nach ein wenig hin und her hört man lange nichts. Nach mehr als 3 Jahren erhebt der Abmahner plötzlich Klage und will doch Geld sehen. Solche Konstellationen sind im Bereich Filesharing nicht selten und überraschen Abgemahnte, sofern diese nicht ausreichend vorbereitet wurden.Mit der Klage machen die Abmahnanwälte in der Regel Schadensersatz und Aufwendungsersatz (Rechtsanwaltskosten etc.) geltend. Die Forderung kann dabei auch höher liegen als der ursprünglich in der Abmahnung geltend gemachte Betrag. Eine umstrittene Frage ist hierbei immer die Verjährung der Ansprüche, also wann diese nicht mehr „durchsetzbar“ sind. Ansprüche auf Aufwendungsersatz unterliegen unstreitig einer Verjährungsfrist von 3 Jahren. Bei Schadensersatzansprüchen ist dies umstritten. Die überwiegende Ansicht ging bei Schadensersatzansprüchen bislang von einer Regelverjährung von 10 Jahren aus; gestützt auf ein Urteil des BGH vom 27.10.2011 (I ZR 175/10 – Bochumer Weihnachtsmarkt).
AG Kassel: Kurze Verjährung bei Filesharing
Ein aktueller Trend in der Rechtsprechung scheint dem aber ein Ende zu bereiten. So wies das AG Kassel jüngst eine Filesharing-Klage unter der Annahme der kurzen – 3 jährigen – Verjährungsfrist ab. Die angebliche Urheberrechtsverletzung lag bereits knapp 5 Jahre zurück. Der Beklagte hatte hiergegen die Einrede der Verjährung erhoben während sich Klägerin auf die 10 jährige Verjährungsfrist berufen hatte. Das AG Kassel ging ebenfalls von der kurzen Verjährungsfrist aus.Das Gericht entschied mit Urteil vom 24.07.2014 (Az. Az. 410 C 625/14), dass auch bei Schadensersatzansprüchen aus Filesharing die 3 jährige Regelverjährung Anwendung finden müsste. Die zehnjährige Verjährung gem. §102 UrhG, § 852 BGB unter Berücksichtigung der BGH-Entscheidung wollte das Gericht hier gerade nicht greifen lassen. Die Konstellation der §102 UrhG, § 852 BGB sieht die Herausgabe des deliktisch erlangten vor, was etwa die ersparte Lizenzgebühr sein könnte. Im Bereich des Filesharing werden aber gerade keine Lizenzen vergeben, so dass der Schädiger auch keine Lizenzgebühr sparen kann.
Neuer Trend zu kurzer Verjährung bei Filesharing
Ungeachtet der Entscheidung des Amtsgericht Kassel hatten auch die Amtsgerichte Bielefeld Urteil vom 06.03.2014 (Az. 42 C 368/13) und Düsseldorf Urteil vom 24.07.2014 (Az. 57 C 15659) eine “kurze“ Verjährung für Schadensersatzforderungen aus dem Filesharingbereich angenommen. Das Urteil des AG Düsseldorf ist noch nicht rechtskräftig.Obwohl man hier noch nicht von einer gefestigten Rechtsprechung reden sollte, zeichnet sich jedenfalls ein gewisser Trend hin zu einer kurzen Verjährung im Bereich Filesharing ab.
Praxistipp
Wer sich auf die Verjährung berufen will, muss dies auch aktiv tun. Die Verjährung ist eine sogenannte Einrede, die erhoben werden muss. Ein Gericht berücksichtigt die Einrede der Verjährung also nur, wenn der Betroffene diese aktiv geltend macht.