Abmahnung – Liest die Gegenseite eigentlich meine Schriftsätze?

Diese Frage stellt man sich, wenn man sich manche Stellungnahmen von Abmahnkanzleien zu Gemüte führt. In einer “Filesharing-Sache” hatte mein Mandant eine Abmahnung wegen eines Verstoß gegen das Urheberrecht durch eine der berühmteren Kanzleien erhalten. Leicht erbost brachte der Mandant die Abmahnung  zu mir und erörterte die Lage.

Tatsächlich war es meinem Mandanten nicht möglich die ihm vorgeworfene Urheberrechtsverletzung begangen zu haben. Weil? Ja weil sein Internetanschluss im maßgeblichen Zeitraum nicht funktionierte. Dies konnte er auch mit entsprechenden Störungsprotokollen seines Dienstanbieters nachweisen. Weder war es meinem Mandanten möglich im vorgeworfenen Zeitraum irgendetwas runterzuladen noch war es ihm möglich etwas hochzuladen. Soweit so gut. Die entsprechenden Protokolle lagen mir vor und ich fertige eine entsprechende Stellungnahme für die Gegenseite. Natürlich wurde keine Unterlassungserklärung abgegeben und das Zahlungsverlangen zurückgewiesen. Das Schreiben wurde versandt und die Akte erstmal in den Schrank verbannt.

Heute kam dann die Antwort der Gegenseite. Und Überraschung. Man ist natürlich nicht gewillt vom Zahlungsverlangen abzusehen. Damit hatte ich fast gerechnet. Auch mit Sätzen wie:

…sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass sich die bisherigen Sachverhaltseinlassungen als Schutzbehauptungen darstellen und daher unerheblich sind. …

Aber es geht weiter:

… dass die Behauptung der Ortsabwesenheit des Anschlussinhabers zum Tatzeitpunkt – selbst dann, wenn diese bewiesen werden kann – nicht geeignet ist, die Haftung in Frage zu stellen, dass die öffentliche Zugänglichmachung von Dateien über eine Filesharingsoftware keine körperliche Anwesenheit des Nutzers erfordert…

oder

…dass die Behauptung, die streitgegenständliche Datei lediglich heruntergeladen zu haben (ohne diese weiterverbreitet zu haben), ebenfalls eine reine Schutzbehauptung darstellt. …

Ach was? Schön und gut. Aber auf das Argument mit der Störung des Anschluss wird natürlich mit keinem Wort eingegangen. Und dann fragt man sich ernsthaft, ob denn meine Schriftsätze überhaupt jemand durchgelesen hat? Der Kollege auf der Gegenseite offenbar nicht.

Das die Abmahnung an sich eher aus Textbausteinen besteht, ist in Anbetracht der Vielzahl der Abmahnschreiben nicht verwunderlich. Bei einer Stellungnahme auf meinen Schriftsatz erwarte ich dann aber doch ein paar individuelle Ausführungen.

Ggf. werde ich in der Erwiderung einen kurzen Wetterbericht verfassen. Mal schauen was die Kollegen dann zurück schreiben.

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