Im Dezember 2020 trat eine Änderung des UWG in Kraft; wir hatten hier berichtet. Durch diese Änderung des UWG wurde der fliegende Gerichtsstand für Wettbewerbsverletzungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien stark eingeschränkt. Mit Hilfe des fliegenden Gerichtsstand konnten sich Kläger mehr oder weniger aussuchen an welchem Gericht sie klagen. Es wundert uns insofern nicht, dass dann oft das Gericht gewählt wurde, an dem man sich die meisten Chancen ausrechnet. Das führte nach Auffassung des Gesetzgebers zu Unzuträglichkeiten. Durch die Einschränkungen sollen diese Missstände beseitigt werden.
14 Abs. 2 UWG
Für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht wird, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. 2Für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht wird, ist außerdem das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Zuwiderhandlung begangen wurde.Satz 2 gilt nicht für
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Rechtsstreitigkeiten wegen Zuwiderhandlungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien oder
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Rechtsstreitigkeiten, die von den nach § 8 Absatz 3 Nummer 2 bis 4 zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten geltend gemacht werden,
Fliegender Gerichtsstand nur bei spezifischen Handlungen
Am 15.01. entschied das Landgericht Düsseldorf, dass diese Einschränkung nur für “internetspezifische” Informationspflichten gelten soll. Nach Auffassung des Gerichts sind nicht alles Handlungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien umfasst. Vielmehr muss die Einschränkung wieder eingeschränkt werden:
Dieser Ausnahmetatbestand umfasst entgegen seinem (insoweit missverständlichen) Wortlaut nicht jegliches unlautere Handeln im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien, sondern ist seinem Sinn und Zweck nach beschränkt auf solche Zuwiderhandlungen, bei denen der geltend gemachte Rechtsverstoß tatbestandlich an ein Handeln im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien anknüpft.
Die durch das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs eingeführte Einschränkung des fliegenden Gerichtsstands der unerlaubten Handlung sollte durch die letztlich verabschiedete Entwurfsänderung […] auf die in dem Zusammenhang mit missbräuchlichen Abmahnungen als besonders anfällig angesehenen Verstöße zurückgeführt werden (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutzs, BT-Drs. 19/22238 S. 18). Solche (abmahn)missbrauchsanfälligen Zuwiderhandlungen wurden im Gesetzgebungsverfahren in Verstößen gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten auf Telemedien gesehen. Dieser Befund war gestützt auf die Erwägung, dass im Online-Handel Verstöße durch den Einsatz von Crawlern einfach und automatisiert festgestellt werden könnten und zahlreiche besondere Informationsverpflichtungen bestünden (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutzs, BT-Drs. 19/22238 S. 16; Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 19/12084, S. 32).
Auf diese, von dem Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs in den Blick genommene Fallgruppe beschränkt sich dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG entsprechend ihr Regelungsbereich.
OLG Düsseldorf: Keine Einschränkung der Einschränkung!
Dieser Auffassung hat das OLG Düsseldorf mit Beschluss vom 16.02.2021 (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.02.2021, Az. 20 W 11/21) eine deutliche Absage erteilt:
Die Kammer wird im Falle eines Widerspruchs ihre Auffassung zur örtlichen Zuständigkeit hinsichtlich der Anträge zu 1.b), d) und e) überprüfen müssen. Gegen die vom Landgericht vorgenommene Auslegung des – auf das vorliegende Verfahren im Hinblick auf seine Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs – anwendbaren § 14 Abs. 2 UWG n.F. bestehen erhebliche Bedenken.
Der Wortlaut enthält die vom Landgericht vorgenommene Einschränkung nicht. Diese lässt sich auch nicht mit Sinn und Zweck der Regelung rechtfertigen. Hintergrund der Änderung der Vorschrift über die örtliche Zuständigkeit waren vom Gesetzgeber angenommene Unzuträglichkeiten. Der Entwurf sah diese vor allem bei der Verfolgung lauterkeitsrechtlicher Verstöße im Internet (BT-Drs. 19/12094 S. 35), die eine Vielzahl von Gerichtsständen zur Folge habe. Die Bemerkung des Rechtsausschusses (BT-Drs. 19/19/22238 S. 18) bezieht sich hierauf. Der Missstand wurde bei der Verfolgung im Internet begangener Verstöße gesehen; Einschränkungen auf bestimmte im Internet begangene Verstöße ergeben sich hieraus dagegen nicht.
Hinzu kommt der Vergleich mit der engeren Formulierung in § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG n.F. Dort findet sich die – in § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG n.F. fehlende – Einschränkung „gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten“. Der Gesetzgeber hat dazu ausgeführt (BT-Drs. 19/12084 S. 32): „Es muss sich nicht um spezifische Informations- und Kennzeichnungspflichten im Online-Handel oder auf Webseiten handeln, sondern es ist ausreichend, dass die Verstöße in diesem Bereich auftreten.“ Als Beispiel nennt der Gesetzgeber Verstöße gegen die – nicht internetspezifische – Preisangabenverordnung. Bereits von daher lässt sich die vom Gesetzgeber für eine Bestimmung, die sogar eine ausdrückliche Einschränkung (Informations- und Kennzeichnungspflichten im Internet) enthält, abgelehnte weitere Einschränkung erst recht nicht auf eine Bestimmung übertragen, die eine solche Einschränkung nicht einmal ansatzweise enthält.
Eine teleologische Einschränkung verbietet sich auch deswegen, weil dem Gesetzgeber mögliche Einschränkungen vor Augen standen, er diese aber nicht übernommen hat. In § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG hat er eine (allerdings auch nur begrenzte) Einschränkung vorgenommen. Die GRUR hatte im Vorfeld Einschränkungen bei der Abschaffung des fliegenden Gerichtsstandes bei Verstößen gegen bestimmte Kennzeichnungs- und Informationspflichten vorgeschlagen (GRUR 2019, 59). Auch in der Sachverständigenanhörung am 23. Oktober 2019 vor dem Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages sind verschiedentlich in diese Richtung gehende Einschränkungen vorgeschlagen worden. Der Gesetzgeber hat jedoch in Kenntnis dieser Möglichkeiten eine Einschränkung gerade nicht vorgenommen. Daraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass eine derartige Einschränkung gerade nicht gewollt war.
Die von der Antragstellerin angesprochenen Äußerungen des Abgeordneten Jung im Deutschen Bundestag (Plenarprotokoll 19/173) – auf die auch Wagner/Kefferpütz, WRP 2021, 151 Rn. 36 verweisen – lassen eine Beschränkung des § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG n.F. auf internetspezifische Kennzeichenpflichten nicht erkennen; eine Beschränkung der Vorschrift auf die Verletzung von Informations- und Kennzeichnungspflichten, auf die er Bezug nimmt, hat – anders als in § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG – im Gesetzestext keinen Niederschlag gefunden und sind daher unmaßgeblich (vgl. BGH GRUR 2019, 970 – Erfolgshonorar für Versicherungsberater – Rn. 64 ff., 66).
Ob die Auffassung zutrifft, wonach die Vorschrift des § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG n.F. nur dann eingreift, wenn die beanstandete Werbung nur in Telemedien erscheint (so Feddersen, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl.,§ 14 Rn. 21), bedarf hier keiner Entscheidung. Jedenfalls in den Fällen, in denen die angegriffenen Aussagen unterschiedlich sind und Gegenstand gesonderter Anträge sind, mithin unterschiedliche Streitgegenstände darstellen, bleibt es bei der Regel des § 260 ZPO, wonach mehrere Anträge bei demselben Gericht nur dann zusammen anhängig gemacht werden können, wenn dieses Gericht für sämtliche Ansprüche zuständig ist. Eine Zuständigkeit kann auch nicht auf einen Sachzusammenhang mit den übrigen Anträgen begründet werden. Die Vorschrift des § 260 ZPO lässt einen Sachzusammenhang hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit nicht ausreichen. Es fehlt auch an einem Bedürfnis dafür, da der allgemeine Gerichtsstand für sämtliche Anträge zur Verfügung steht; insoweit besteht auch kein Widerspruch dazu, dass zusammengehörige Beanstandungen möglichst in einem Verfahren geltend gemacht werden sollen.
Vorsorglich sei darauf hingewiesen, dass die Gerichtsstände des § 14 Abs. 2 UWG n.F. entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht ausschließlich sind (so aber auch ohne nähere Begründung Feddersen, a.a.O., § 14 Rn. 7). Die Ausschließlichkeit der Gerichtsstände des § 14 UWG a.F. wurde aus den Worten „außerdem nur“ hergeleitet (Köhler/Feddersen, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Aufl., § 14 Rn. 1). Das Wort „nur“ fehlt bewusst in der Neufassung; der Gesetzgeber wollte damit ausdrücklich erreichen, dass die in Abs. 2 genannten Gerichtsstände nicht mehr ausschließlich und damit nunmehr einer Vereinbarung oder einer rügelosen Einlassung zugänglich sind (BT-Drs. 19/12084 S. 35); daran hat sich durch die von dem Regierungsentwurf abweichende Formulierung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages nichts geändert.
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