Hässlichkeit als Scheidungsgrund

Ein Mann verliebt sich in eine umwerfend schöne Frau. Sie heiraten, genießen ihr gemeinsames Eheglück und bekommen eine Tochter – eine “unglaublich hässliche” Tochter! Das macht den Mann stutzig: Wenn seine Frau so bildhübsch ist, wie kann dann die Tochter so unansehnlich? An ihm und seinen Genen wird’s ja wohl kaum liegen! Also stellt er seine Frau zur Rede: “Hast du mich betrogen? Mit einem anderen (sehr hässlichen Mann)?” “Nein”, antwortet sie und gesteht, dass sie früher sehr hässlich gewesen ist. Sie habe sich daraufhin zahlreichen Schönheitsoperationen unterzogen. Fast 80.000€ war ihr ein schöneres Aussehen wert! Der Mann kann es nicht fassen. Er reicht Klage ein, verlangt Scheidung der Ehe und 100.000€ Entschädigung – weil ihn seine Frau über ihre Schönheit getäuscht hätte. Und jetzt das Unglaublichste: Er gewinnt! Was sich wie eine Groteske liest, hat sich jüngst in China abgespielt. In Deutschland hat es (soweit ersichtlich) ein derartiges Verfahren noch nie ergeben. Aber wie könnte man diesen Fall nach deutschem Recht lösen – etwa wenn sich nach der ersten Ehenacht das ungeschminkte “wahre Gesicht” des Ehepartners/der Ehepartnerin offenbart? Eine Scheidung ist in Deutschland dann möglich, wenn die Ehe als gescheitert anzusehen ist. Wem also die Hässlichkeit seines Partners/seiner Partnerin ganz zuwider ist, kann es jetzt drauf anlegen: Streit vom Zaun brechen, Fremdgehen, Ausziehen – das ganze Programm. Dann wird die Ehe auf kurz oder lang gescheitert sein. Um aber den Kosten eines Verfahrens auszuweichen, ist es attraktiver, die Aufhebung der Ehe zu beantragen, weil der Partner/die Partnerin über ihre Schönheit getäuscht hat. Dann muss nämlich der/die Schönheitsbetrüger/in die Kosten tragen. Das setzt voraus, dass man zur Eingebung der Ehe durch arglistige Täuschung über solche Umstände bestimmt worden ist, die einen bei Kenntnis der Sachlage und bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe von der Eingebung der Ehe abgehalten hätte. Fällt darunter der Schönheitsbetrug? Nun, hätte man die wahre Schönheit/Hässlichkeit des/der anderen gekannt, wäre man die Ehe vielleicht nicht eingegangen. Der Haken sind die Worte “richtige Würdigung des Wesens der Ehe”. Hat man das Wesen der Ehe richtig gewürdigt, wenn man schon wegen Äußerlichkeiten sich von ihr loslösen will? Dem Ehebild des Bürgerlichen Gesetzbuches entspricht das wohl eher nicht.

 

Quelle: http://german.cri.cn/1565/2012/11/06/1s185020.htm Autor RA Christian Kieppe

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